Hallo ihr Lieben Freunde des Nähens
Ich melde mich nach längerer Zeit wieder mit einem Blogbeitrag rund ums Jeans nähen zurück.
Hosen wird dieses Jahr mein ganz persönliches Thema werden, dem ich mich intensiv widmen möchte.
Vor gut einem Jahr habe ich einen Kurs in Mode- und Schnittkonstruktion zum Thema Hose und Jupe abgeschlossen. Ich habe unglaublich viel für mich selbst gelernt und durfte mein Wissen bereits in vier eigenen Schnittmustern umsetzen, die auf mich persönlich abgestimmt sind. Was mich am meisten angespornt hat, den Kurs zu belegen;
Mir meine ganz eigene Jeans zu nähen, von der Konstruktion bis zum fertigen Kleidungsstück.
Für mich gehört das nähen einer Jeans zu einer der grössten Herausforderungen.
Nicht das nähen an und für sich, sondern es geht für mich dabei um viel mehr;
die Passform, den idealen Denim mit dem richtigen Quäntchen Elasthan-Anteil zu finden, um sie so hinzubekommen, wie sie letzten Endes sitzen soll und mir den richtigen Wohlfühlfaktor vermittelt. War das zu kompliziert? Dann versuch ich's mal anders.
Jeans ist nicht gleich Jeans. Das merken wir relativ schnell, wenn wir im Laden in eine reinschlüpfen. Sei es, dass die Verarbeitung nicht wie gewünscht ist, unsere Körperform nicht zu dem Schnitt passt, das Material uns nicht behagt und wir uns darin nicht wohl fühlen.
Meine ganz persönliches Problem bei Kaufjeans bestand immer darin, dass ich relativ stark gebaute Oberschenkel habe und breite Hüften, dafür aber eine schmale Taille. Meist stehen mir im Kreuz die Jeans etwas ab, spannen dafür aber am Hintern immer genau an der gleichen stelle. Aber nur weil mir die Normgrösse an der einen oder anderen stelle nicht ganz passt, bin ich nicht verkehrt. Ich bin mit meinem Körper absolut im Reinen und glaube, dass meine Proportionen zu mir passen ;-)
Dieses Phänomen von Passproblemen kennen sehr viele Frauen. Es ist die Modeindustrie, die uns weismachen will, dass wir uns unbedingt in eine Norm zwängen sollen. Wir sind keine Schaufensterpuppen, sondern Individuen mit ganz unterschiedlichen Körpern. Also warum nicht einfach das Kleidungsstück an seinen eigenen Körper anpassen?
Meine Jeans Zwei Punkt Null ist das zweite Jeansmodel, dass ich nach einem eigenen Schnittmuster entwickelt habe. Dabei bin ich vom Hosengrundschnitt ausgegangen, den ich im oben erwähntem Modullehrgang erstellt hatte. Vom Grundschnitt ausgehend kannst du dir alle x-beliebigen Hosenschnitte selbst erarbeiten und ein eigenes Schnittmuster erstellen, das auf deine ganz persönlichen Masse abgestimmt ist. Wer das gerne machen möchte und alles von Grund auf selbst konstruieren, dem empfehle ich, sich bei einer Schneiderin richtig ausmessen und den Grundschnitt erstellen zu lassen. Ob du die Schnittkonstruktion nun auch bei der Schneiderin erlernst, mittels Buch, oder einem Kurs, ist individuell. Mir hat der Modullehrgang sehr zugesagt, da ich dort anhand praktischer Arbeiten das nötige Know-how erarbeiten konnte. Nur mit einem Buch zur Hand wäre ich zu wenig konsequent dran geblieben.
Speziell rund ums Jeansnähen stosse ich auf Instagram bei Hilli-Hiltrud immer wieder auf sehr viele hilfreich Tipps. Doch auch Pattydoo ist bekannt für's Nähen der eigenen Jeans. Möchtest du dir lieber einen Schnitt kaufen und die Anpassungen am Kauf vornehmen, so bieten diese zwei Schnittmusterhersteller sehr detaillierte Beschreibungen. Die Möglichkeiten sind sehr gross. Stöbert einfach in Ruhe durch, vergleicht Schnittmuster und schaut, was euch anspricht.
Nach fast einem Jahr Pause mit Hosenkonstruktion hatte es mich wieder gepackt. Der Auslöser war DER Denim, den ich bei Ying Design, dem Stoffladen meines Vertrauens, entdeckt habe. Der Organic Raw Denim Stretch Fargo von Mind the Maker mit 1,5 % Elasthan-Anteil. Yes Baby, Jackpot, genau so einen wollte ich! Gleichzeitig bin ich auf das Buch Jeans Nähen vom Stiebner Verlag gestossen. Ein Buch, bei dem es ausschliesslich um das Nähen von Jeans geht, fehlte mir noch. Also habe ich mir dieses auch gleich noch ins Haus geholt.
Zu dem Buch: Es ist sehr informativ, zeigt Unterschiede verschiedener Denims, Nähtechniken und Tools auf und es beinhaltete einen sehr gut strukturierten Nähablauf. Einzig bei den Gurtschlaufen solltest du dir Gedanken machen, welche du nähen möchtest und darauf achten, dass du diese evtl. schon annähst, bevor du den Bund an die Hose nähst. Aber alles in allem kann ich euch dieses Buch wärmstens empfehlen.
Ich habe immer noch einen Rest von dem Tencel Two-Tone Check, den ich als Innenfutter für meinen WWP verwendet habe. Ich fand ihn perfekt, um die Innentaschen damit zu nähen. Der Stoff ist nicht zu dick, trotzdem stabil und trägt nicht auf.
Mein letzter Jeanskauf war... - ich weiss es ehrlich gesagt nicht mehr - ... ich glaube, es ist meine Second Hand Jeans, die ich von einer lieben Freundin bekommen habe und auch nach 5 Jahren immer noch sehr gerne trage. Eine Jeans ohne viel Schnickschnack mit einer geraden Beinform. Ja genau so eine schwebte mir vor.
Nähst du dir deine ganz eigene Jeans, darfst du nicht enttäuscht sein, wenn es beim ersten Mal nicht hinhaut. Ich hatte mir vor gut einem Jahr ebenfalls erst einen Prototypen genäht. Den kann ich immer wieder zur Hand nehmen, auch das Schnittmuster dazu, um zu schauen, wie und was ich da (anders) gemacht habe und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Nicht jeder Stoff verhält sich gleich. Es kann je nach Stoffart sein, dass du für das genau gleiche Model nochmals die eine oder andere Partie weiter, oder enger machen musst.
Meine Jeans Zwei Punkt Null sollte etwas höher sitzen, als meine erste, aber nicht ganz High Waist. Einfach vom ersten Schnitt oben ein bisschen hinzu geben ist aber nicht. Die Konstruktion musste von Anfang an nochmals komplett neu gemacht werden und ich hatte so richtig Bock, das durch zu ziehen. Da musste ich aber ganz schön studieren, wie das nun wieder geht. Also habe ich erst mal eine Tasse Kaffee getrunken und meine Kursunterlagen gewälzt. Es macht sehr viel Spass, sein eigenes Schnittmuster zu erarbeiten und mit den Möglichkeiten zu spielen. Ich hatte mir auch genügend Zeit dafür gelassen und an der Konstruktion gefeilt.
Durch mein Hohlkreuz muss ich an der hinteren Leibnaht und am Sattel meist alles nochmals einnehmen. Das zeigt sich aber erst, nach der ersten Anprobe. Ich empfehle dir daher, diese Naht nur zusammen zu nähen und NICHT mit der Overlock zu versäubern und abzusteppen. Du musst sonst für die Anpassung am Ende viel mehr Nähte auftrennen. Ich konnte mit Stecknadeln den Teil sehr gut abstecken, der da raus musste, habe diesen genau nachgemessen, auf dem Schnittmuster eingezeichnet und ebenfalls abgetragen. Bei den Oberschenkeln und Knien war mir die Hose ebenfalls noch etwas zu weit und ich bin dort genau gleich verfahren. Musst du bei den Beinen nochmals einnehmen, heisst es unter umständen tatsächlich auch hier nochmals: "Nähe auftrennen!". Ich musste sehr, sehr, sehr, sehr oft zum Nahttrenner greifen. Sogar als die Hose schon fertig genäht war und die Bilder im Kasten, habe ich die Saumnaht, fast die ganze seitliche Naht und die abgesteppte Innenbeinnaht zum Teil nochmals aufgetrennt, um alles nochmals einen Tick mehr an meinen Körper anzupassen. Auch wenn es im Endeffekt nur Nuancen sind, ich wollte unbedingt einen Schnitt, den ich für eine weiter Jeans wieder anwenden kann.
Ja, der Nahttrenner und ich, wir sind bei diesem Projekt allgemein ganz dicke Freunde geworden. Ich hatte den Bund erst zu breit zugeschnitten und als er angenäht war, stand die Hose beim Kreuz zu sehr ab. Also nochmals auftrennen, einen neuen Bund schmaler zuschneiden, vorbereiten und dieses Mal mit etwas Zug stecken und annähen. Ja das war dann wohl etwas zu viel der guten Sache und ich sah aus, wie Wurst in der Pelle. Also alles nochmals auftrennen und mit weniger Dehnung annähen. Yep, passt perfekt, sitzt auch sehr schön. Aber Moment mal, hätte ich nicht erst die Gurtschlaufen an der Hosenoberkante annähen müssen...??? Deshalb habe ich den Teil aus dem Buch ein bisschen weiter oben im Text speziell erwähnt. Da ich den Bund nicht ein drittes Mal komplett von der Hose nehmen wollte, habe ich die Naht nur an den Stellen aufgetrennt, an denen ich die Gurtschlaufen annähen wollte. Ihr seht, ich habe hier ganz schön viel Zeit investiert. Aber aus solchen Fehlern lerne ich.
Bezüglich der Nähte konnte ich sämtliche Steppnähte mit dem Jeans-Nähgarn nur sehr langsam nähen. Ich besitze keinen Obertransport-Fuss und darf daher nicht voll auf's Gaspedal treten. Nur so bleibt bei mir die Stichlänge schön gleichmässig. Probenähte sind daher sehr wichtig und dringend zu empfehlen, um auch den Nähfussdruck richtig einzustellen. Bei den dickeren Stellen empfiehlt sich ein Ausgleichsplättchen. Da meine Nähmaschine keines hat, habe ich kurzerhand einfach einen dickeren Karton verwendet. Klappt prima. Bei einer klassischen Jeans werden die Innenbeinnähte mit einer Kappnaht genäht und abgesteppt. Darauf habe ich bewusst verzichtet, da ich mit Anpassungen gerechnet hatte. Ich habe sie mit dem dreifach Geradstich zusammen genäht, da an dieser Naht die Hose am meisten strapaziert wird. Die Nahtzugaben vom Rückwertigen- und Vorderteil sind beide zusammen mit der Overlock versäubert, nach vorn gebügelt und mit dem Jeans-Nähgarn zweifach abgesteppt.
Für das Zusammennähen der Jeans half mir sowohl mein Kursordner mit meinen eigenen Notizen. Aber eine unglaublich grosse Stütze war ebenfalls das Buch Jeans Nähen. Ich habe meinen ganz persönlichen Nähablauf nochmals überarbeitet, so dass ich ihn bei meinem nächsten Jeans-Projekt wieder hervorholen kann.
Ganz zum Schluss kommt der Hammer für den Hosenknopf und die Nieten zum Einsatz. Diesen Teil mag ich besonders und dank meinem Jeans Hardware Kit, dass ich mir mal angeschafft habe, geht das auch ganz leicht von der Hand. Bevor du dich an deine Jeans machst, übe erst an einem Stück Reststoff, bist du Sattelfest bist. Du wirst sehen, es ist gar keine Hexerei. Wo die Nieten nun genau hinkommen, bestimmst du ganz alleine. Da gibt es nicht wirklich eine Regel.
Während ich hier in die Tasten tippe, trage ich sie, meine neue ganz eigene Jeans. Sie hat heute ihre Premiere gefeiert, ganz still und leise, dafür mit einem ganz breiten Grinsen in meinem Gesicht. Der ganze Aufwand hat sich für mich gelohnt, denn die Jeans ist für mich absolut stimmig geworden, sowohl vom Schnitt, von der Passformt wie auch vom Wohlfühlfaktor her;
sie ist unglaublich bequem.
Es gäbe noch so viel zu sagen, rund um Nähen von Jeans. Doch wenn ihr eh schon länger mit dem Gedanken gespielt habt, dann macht es einfach. Holt euch einen Schnitt, der euch zusagt und passt ihn für euch ganz persönlich an. Setzt euch nicht unter Druck, seid nicht enttäuscht, wenn die erste Hose nicht sitz. Bleibt dran, gebt nicht auf und nehmt euch Zeit. Ihr werdet sehen, wenn ihr eure ganz eigens genähte Jeans in Händen hält, die ihr auf euch ganz persönlich geschneidert habt, erfüllt es euch unglaublich.
In diesem Sinne; Jeans on!
Herzlichst
Kati
Stoff und Buch gekauft bei: Ying Design
Stoff: Organic Raw Denim Stretch Fargo von Mind the Maker
Buch: Jeans Nähen vom Stiebner Verlag
Nähgarn: Jeans-Nähgarn von Güttermann
Reissverchluss: Jeans-Reissverschluss von Riri Mayer
Knöpfe und Nieten: Buttinette
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